Die letzten vier Wochen waren stürmisch. Nach den paar Tagen der Ruhe in den Rauhnächten wollten Behörden Unterlagen oder verschickten welche, die kaum Aufschub duldeten. Ich hatte nie soviel Arbeit mit Institutionen, wie seit 2019, als die Polymyalgia rheumatica anfing.
Ein Stück der Rauhnächteruhe möchte ich mir jedoch gerne bewahren, ich mein, ich werd in zwei Monaten 67. Muss ich da wirklich noch mitrennen? Müssen wir überhaupt mitrennen? Die Frage geht natürlich auch an jüngere Menschen. Müssen wir uns derart in Atemlosigkeit treiben lassen?
Ich gehöre nicht zu denen, die finden, früher sei alles besser gewesen. Im Gegenteil. Als verprügeltes (Mutter) und über viele Jahre mehrfach vergewaltigtes Kind (Onkel, Nachbarn) bekäme ich heute vermutlich eher Hilfe und käme raus aus dem gewalttätigen Teufelskreis. Als Kind. Und nicht erst mit 35.
Doch ertappte ich mich in den letzten Monaten ein paarmal dabei, wie ich nach dem Smart Phone griff, ohne dass es einen äusseren Anlass gab. Dass ich im TV die Tagesschau ansah und gleichzeitig Schach zu spielen begann oder während des Radio Hörens das Gefühl hatte, ich müsse jetzt unbedingt die Hände beschäftigen und zu stricken anfangen. Warum!
Wo sind die Abende geblieben, an denen ich einfach zwei Stunden nur Musik gehört und nichts anderes daneben erledigt habe? Oder die Sonntagnachmittage, an denen ich nichts anderes getan habe, als
Füsse und Hände zu pflegen und während der Nagellack trocknete, ein Hörspiel zu hören. Es gab damals noch zweistündige Hörspiele, stell dir vor.
Natürlich hatte ich in den 80ern noch keinen Rechner und in den 90ern kein Internet und verzichtete bewusst auf einen Fernseher. Während der Zeit, in der ich in Zürich-Örlikon an der AKAD die Matur nachholte, war ich 14 Stunden am Tag in Arbeit mit lernen, Schule (halbtags), später an der Uni mit Vorlesungen, Seminaren, Arbeiten schreiben, Fachliteratur lesen, das ältere Kind betreuen, einkaufen, putzen, kochen …
Ab und zu war ich sehr müde. Das ist wahr. Hab zwei, drei Wochen Pause vom Hin- und Herreisen gebraucht und ausschliesslich zu Hause gelernt. Rückblickend kann ich die übergrosse Müdigkeit jedoch der zerstörerischen Beziehung mit einem "Therapeuten" zuordnen, in der ich damals feststeckte. Ich konnte mich nicht adäquat wehren, wurde körperlich wie seelisch misshandelt. Kein Wunder, war ich zeitweise erschöpft.
Vielleicht fehlte diese innere Zerrissenheit, etwas tun zu müssen versus relax, weil mein Körper gesund und stark war, während er heute ganz einfach nicht zu leisten vermag, was ich von ihm möchte oder bei anderen Gleichaltrigen oder Älteren sehe. Also. Muss ich da mitrennen? Nein.
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The last four weeks were stormy. After the few days of calm during the "Rauhnächte", the twelve nights between christmas eve and epiphany, the authorities wanted
documents or sent them out, which hardly tolerated any delay. I have never had so much work with institutions as I have since polymyalgia rheumatica started in 2019.
However, I'd like to keep a piece of the healthful silence during Rauhnächte, I mean, I'll be 67 in two months, do I really have to run with it? Do we have to run with it at all? Of course, the
question also goes to younger people. Do we have to let ourselves drift into breathlessness like this?
I am not one of those who think everything was better in the past. On the contrary. As a child who was beaten up (mother) and over many years raped several times (uncle, neighbours), I would
probably get help and get out of the vicious circle of violence. As a child. And not just at 35.
But in the last few months I found myself reaching several times for my smart phone without any external reason. That I was watching the news on TV and started playing chess at the same time, or
while listening to the radio I had the feeling that I absolutely had to keep my hands busy and start knitting now. Why!
What happened to the evenings when I just listened to music for two hours and did nothing else? Or the Sunday afternoons when I did nothing but care for my feet and hands and listen to a radio
play while the nail polish dried. There were still two-hour radio plays back then, go figure.
Of course, I didn't have a computer in the 80s nor internet in the 90s and consciously did without a TV. But during the time I was catching up on my Matura at the AKAD in Zurich-Oerlikon or
studying history and German literature and linguistics I was working 14 hours a day with learning, taking courses, school (half-day), later at the university lectures and seminars, writing
papers, reading specialised literature, looking after the older child, shopping, cleaning, cooking ...
Every now and then I was very tired. That's true. Took two or three weeks off from travelling back and forth and studied exclusively at home. In retrospect, however, I can attribute the excessive
tiredness to the destructive relationship with a "therapist" I was stuck in at the time. I couldn't defend myself adequately, I was physically and mentally abused. No wonder, I was exhausted at
times.
Maybe this inner conflict of having to do something versus relax was missing because my body was healthy and strong, whereas today it simply cannot do what I want it to do or what I see in other
people of the same age or older. So, do I have to run with it? No.
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