Tage mit spazierengehen, Sonne geniessen, Herbstputz, schreiben, im Kontakt sein mit Freundinnen und auf und ab wegen eines weiteren Hashimotoschubs liegen hinter mir.
Weil ich nach der anstrengenden Zeit vieles nachzuholen habe, habe ich beschlossen, bis Mitte November maximal eine Verabredung pro Woche zu treffen. Ich glaube, das ist ein guter Plan.
Nochmals zu den fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und den gemischten Gefühlen zur Wiedergutmachungsinitiative bzw. hauptsächlich den Gegenvorschlag des Bundesrates, der letzte Woche vom Parlament angenommen wurde. Auch wenn es wunderbar ist, dass das Ziel Solidaritätsfond erreicht wurde und ab April 2017 überlebende Opfer eine Auszahlung von max. 25 000 Franken daraus erhalten werden:
- so viele der Überlebenden sind in den vergangenen Jahren gestorben
- eine echte Wiedergutmachung sind 25 000 Franken natürlich nicht. Das muss man klar sagen. Dieses Zugeständnis ist ein feines Zeichen, dass das Leid gesehen wird. Die Anerkennung von Unrecht allerdings müsste mit ungleich höheren Summen entschädigt werden.
- Erben haben kein Anrecht auf die Auszahlung. Gleichgültig ob Vater oder Mutter diesen Frühling, letztes Jahr oder vor fünf Jahren gestorben sind. Ausnahme: Opfer der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen sterben nach dem 30. September 2016, also nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes zum Solidarbeitrag AFZFG. In diesem Fall haben die Erben Anspruch auf den Solidarbeitrag.
- die zweite Generation wird nicht berücksichtigt, obwohl viele von uns massive Schädigungen durch die Weitergabe der Traumata erlitten haben, u.a. extreme Gewalt durch Opfer der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen. Z.B. sexualisierte Gewalt, Folter, Water Boarding ab Kleinkindalter durch Mutter, Grossmutter, Onkel.
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eine Aufstockung der AHV ist seit längerem kein Thema mehr, obwohl dies im Betroffenenforum und am Runden Tisch von den Betroffenen begrüsst wurde. Dafür wäre
eine Gesetzesänderung notwendig. In den letzten Tagen fiel mir auf, dass es still geworden ist um diese Massnahme. Da braucht es also nochmals einen Anschub.
- Sehr viele der Opfer haben nur eine Minimalrente und kein Vermögen, weil sie in ihrer Schulbildung gehindert wurden. Oft konnten sie keine Berufslehre machen – „Ah, da kommst du her! Nein, solche wollen wir nicht.“ – was zur Folge hat, dass ihnen bis zum Rentenalter bis zu 1,5 Millionen Schweizer Franken Erwerb durch qualifizierte Arbeit verlorengingen.
Als Opfer der Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen gelten:
- Verdingkinder
- Heimkinder
- Kostkinder
- Administrativ Versorgte
- Zwangsadoptierte
- Opfer der Kinderpsychiatrie
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Mütter, die gedrängt und gezwungen wurden, ihre Kinder zur Adoption herzugeben
- Zwangssterilisierte
- Zwangskastrierte
- Jenische und Sinti (Kinder der Landstrasse)
- Spazzacamini
- Opfer von Medikamentenversuchen in der Psychiatrie
Trotz allem, für schweizerische Verhältnisse und für so manche PolitikerInnen ist es schon ein Fortschritt, wenn Unrecht, welches einem Teil der finanziell schwächeren Bevölkerung angetan wurde, als Unrecht bezeichnet und vom Parlament ein Solidaritätsbeitrag gesprochen wird
(Der Solidaritätsbeitrag entspricht in etwa dem, was in der Wiedergutmachungsinitiative verlangt wurde, für die viele der Betroffenen Unterschriften sammelten.)